Hypothese

Zuletzt aktualisiert: 15. Juni 2025

Autor: Patrick Grundlach

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Hypothese: Die Basis für erfolgreiche A/B-Tests

Eine Hypothese ist eine fundierte Annahme, die als Ausgangspunkt für A/B-Tests dient. Sie beschreibt eine vermutete Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen einer Änderung auf einer Website (z. B. Design, Text oder Funktionalität) und dem Verhalten der Nutzer. Ziel ist es, durch den Test zu überprüfen, ob die angenommene Veränderung tatsächlich zu einer messbaren Verbesserung der Conversion Rate führt.

Ohne eine klar definierte Hypothese wird ein A/B-Test zu einem Blindflug. Man testet „ins Blaue hinein“, ohne eine konkrete Erwartung zu haben, was sich ändern soll. Eine präzise formulierte Hypothese gibt hingegen die Richtung vor und sorgt dafür, dass der Test auch im Nachhinein gut analysiert werden kann.

Technische Beschreibung einer Hypothese

Eine Hypothese folgt in der Regel einer klaren Struktur. Diese Struktur hilft, die Annahme greifbar und messbar zu machen. Eine gute Hypothese besteht aus drei wesentlichen Elementen:

  1. Veränderung: Was soll geändert werden? (z. B. Button-Farbe, Text, Layout, etc.)
  2. Auswirkung: Welche Wirkung wird erwartet? (z. B. höhere Klickrate, mehr Käufe, etc.)
  3. Grundlage: Warum wird diese Wirkung erwartet? (z. B. Nutzerverhalten, Erfahrungswerte, Analysedaten, psychologische Prinzipien, etc.)

Ein typisches Hypothesen-Template könnte lauten:

„Wenn wir [Veränderung] vornehmen, dann erwarten wir [Auswirkung], weil [Begründung].“

Beispiel für eine technische Hypothese:

„Wenn wir die Farbe des Call-to-Action-Buttons von Blau auf Orange ändern, dann steigt die Klickrate um 10 %, weil Orange aufgrund der psychologischen Signalfarbe mehr Aufmerksamkeit erhält als Blau.“

Diese Struktur ermöglicht es, die Hypothese zu überprüfen, indem sie mit klaren Metriken verknüpft wird (z. B. „Klickrate steigt um 10 %“). Wird die Metrik nach der Änderung nicht erreicht, war die Hypothese falsch – was ebenfalls ein wertvolles Ergebnis ist.

Case 1: Hypothese im Bereich E-Commerce

Ausgangssituation:
Ein Onlineshop stellt fest, dass viele Nutzer den Warenkorb befüllen, aber den Kaufprozess nicht abschließen. Die Abbruchrate im Checkout-Prozess liegt bei 70 %.

Hypothese:

„Wenn wir die Anzahl der Schritte im Checkout-Prozess von 5 auf 3 reduzieren, dann sinkt die Abbruchrate um 15 %, weil Nutzer weniger Zeit und Aufwand benötigen, um den Kauf abzuschließen.“

Technische Umsetzung:

  • Tracking der Metrik: Über Google Analytics oder GA4 wird die Abbruchrate (Drop-Off-Rate) in den verschiedenen Checkout-Schritten getrackt.
  • Veränderung: Die Anzahl der Checkout-Schritte wird reduziert. Das kann durch die Kombination von Feldern (z. B. Rechnungs- und Lieferadresse auf einer Seite) oder die Nutzung einer One-Page-Checkout-Lösung erreicht werden.
  • Ergebnis: Nach einem A/B-Test (Testversion mit 3 Schritten vs. Kontrollversion mit 5 Schritten) zeigt sich, ob die Abbruchrate in der neuen Version signifikant niedriger ist.
  • Technische Herausforderung: Sicherstellen, dass Tracking-Tags für die Checkout-Schritte angepasst werden, damit die Conversion-Pfade weiterhin korrekt erfasst werden. Außerdem muss das Test-Tool (z. B. Google Optimize) dafür sorgen, dass der Nutzer nicht versehentlich beide Checkout-Varianten sieht.

Case 2: Hypothese im Bereich Lead-Generierung (Formularoptimierung)

Ausgangssituation:
Ein Unternehmen verwendet ein Formular zur Lead-Generierung (z. B. Anmeldung zu einem Whitepaper oder einem Webinar). Die Conversion Rate des Formulars liegt bei 8 %, obwohl viele Nutzer die Seite besuchen.

Hypothese:

„Wenn wir die Pflichtfelder im Formular von 7 auf 4 reduzieren, dann steigt die Conversion Rate um 20 %, weil Nutzer weniger Aufwand bei der Eingabe haben und der Frustrationsfaktor sinkt.“

Technische Umsetzung:

  • Tracking der Metrik: Über Google Tag Manager (GTM) werden Formulareingaben und Absprünge (Drop-Offs) während des Formularprozesses getrackt. Variablen wie ‚Formular abgeschickt‘ und ‚Formularabbruch‘ werden erfasst.
  • Veränderung: Die Anzahl der Pflichtfelder wird reduziert. Statt „Firma“ und „Abteilung“ werden nur noch „Vorname“, „E-Mail“ und „Nachname“ abgefragt.
  • Ergebnis: Im A/B-Test (Variante mit 4 Pflichtfeldern vs. Original mit 7 Pflichtfeldern) zeigt sich, ob die Conversion-Rate der neuen Version signifikant höher ist.
  • Technische Herausforderung: Es muss sichergestellt werden, dass die Eingaben der Nutzer weiterhin korrekt getrackt werden (auch mit geänderten Feldnamen) und keine ungewollten Tracking-Lücken entstehen. GTM-Tags für Formularübermittlungen müssen entsprechend angepasst werden.

Was macht eine gute Hypothese aus?

  • Messbarkeit:
    Jede Hypothese muss messbar sein. Das bedeutet, es muss eine klare Metrik geben, die überprüft werden kann (z. B. Abbruchrate, Klickrate, Verweildauer, etc.).
  • Spezifität:
    Vage Formulierungen wie „Wenn wir das Design verbessern, erhöht sich die Conversion Rate“ sind unbrauchbar. Stattdessen muss es konkrete Veränderungen geben („Farbe des Buttons ändern“, „Felder im Formular reduzieren“ etc.).
  • Datenbasiert:
    Eine Hypothese sollte nicht „aus dem Bauch heraus“ entstehen. Sie sollte durch Nutzerdaten, Heatmaps, Session Recordings oder bestehende Forschung gestützt sein.
  • Testbarkeit:
    Die Hypothese muss mit einem klaren A/B-Test-Setup überprüfbar sein. Das bedeutet, es muss möglich sein, die Kontrolle (Originalversion) mit der Variante (veränderte Version) zu vergleichen.
  • Klare Ursache-Wirkung:
    Es muss eine logische Erklärung geben, warum die erwartete Wirkung eintreten soll. Andernfalls ist es keine Hypothese, sondern eine willkürliche Vermutung.

Beispiele für gute Hypothesen

VeränderungAuswirkungBegründung
„Buttonfarbe ändern (blau zu orange)“Klickrate steigt um 10 %Orange erzeugt mehr Aufmerksamkeit (Farbpsychologie)
„Pflichtfelder im Formular reduzieren“Mehr abgeschlossene FormulareWeniger Felder = weniger Aufwand für Nutzer
„Call-to-Action (CTA) neu formulieren“Klicks auf den CTA steigenPräzisere Aufforderung (Verhaltenspsychologie)
„Trust-Siegel hinzufügen“Conversion-Rate steigtVertrauen der Nutzer wird gestärkt
„Countdown-Timer auf Landingpage“Klickrate auf CTA steigtVerknappung (psychologischer Effekt der Dringlichkeit)

Fazit

Eine Hypothese ist der Dreh- und Angelpunkt eines jeden A/B-Tests. Sie gibt vor, was getestet wirdwarum es getestet wird und wie Erfolg gemessen wird. Eine gute Hypothese ist konkret, messbar und basiert auf Daten oder fundierten Annahmen. Die beiden Cases (Checkout-Optimierung und Formular-Reduktion) zeigen, wie Hypothesen in der Praxis formuliert, getestet und umgesetzt werden. Technisch gesehen erfordert die Überprüfung einer Hypothese eine enge Verbindung zwischen A/B-Test-Tools (z. B. Google Optimize), Analytics-Tools (z. B. GA4) und einem sauberen Tracking-Setup (z. B. über den Google Tag Manager).

Der Weg zur erfolgreichen Conversion-Optimierung beginnt mit einer klaren Hypothese. Ohne sie wird ein Test schnell zu einem Schuss ins Blaue.